Das 21. Jahrhundert bringt große Veränderungen in der Arbeitswelt und dem gesellschaftlichen Zusammenleben mit sich. Wir müssen jetzt beginnen, sehr grundsätzliche Fragen zu stellen, Antworten zu finden und Entscheidungen zu treffen - sonst entscheiden andere!
Vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Entwicklungen wie Politik- / Parteienverdrossenheit oder der Zunahme extremistischer Äußerungen und Handlungen ist politische Bildung ein geeignetes Aufgabenfeld um Partizipation, Demokratie, Wertevermittlung, etc. wieder stärker ins Bewusstsein zu rücken. Jugendarbeit kann im Bereich politischer Bildung Wissensvermittlung und praktisches Tun miteinander verbinden, politisches Bewusstsein und Verantwortung stärken und so junge Menschen in eine wirkungsvolle, wertegebundene gesellschaftliche Teilhabe begleiten.
Wir möchten, dass alle Kinder, Jugendliche und junge Erwachsenen Wissen, Werte, Fähigkeiten und Erfahrungen von uns mitnehmen, wie Zusammenleben gestalten werden kann. Jeder junge Mensch muss selbst entscheiden können.
Jugendliche sollen in der politischen Bildung lernen und begreifen, was Politik bedeutet und in welcher Weise sie in ihrer Alltagswelt durch Politik betroffen sind. […] Politische Bildung in der Jugendarbeit wird in einem weiten Sinn verstanden: Vermittlung und Analyse politischer Themen, Einflussnahme auf Institutionen der Gesellschaft („Anwalt der Jugend“), Interessenvertretung im öffentlichen Raum, und politische Sozialisation junger Menschen durch die Jugendarbeit.
Rappenglück, Stefan; Politische Bildung in der Jugendverbandsarbeit
„Durch die Politikwissenschaft wird bestätigt, dass sowohl das politische Interesse als auch die politische Partizipation (…) in hohem Maße von Bildung und Einkommen abhängig sind (vgl. Bödeker 2011, 2012). Politik wird von sozialbenachteiligten Menschen eher „als eine Veranstaltung der politischen Eliten betrachtet“ und die eigenen Einflussmöglichkeiten werden als gering eingeschätzt“
Kessler, Stefan: Politische Bildung mit sozialbenachteiligten Jugendlichen in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit
Politische Sozialisation = Auseinandersetzung mit Macht, Herrschaft und Interessendurchsetzung im öffentlichen Zusammenhängen. Die Entwicklung einer politischen Identität als Teilaufgabe der Ich-Identität.
Politische Bildung ist ein sehr breit gefächerter Begriff. Man versteht darunter im weitesten Sinne Prozesse, die Mitglieder unserer Gesellschaft in ganz unterschiedlichen Kontexten politisch prägen. In der Regel sind diese Prozesse bewusst geplant und zielgerichtete Maßnahmen von Bildungseinrichtungen. Sie sollen Kinder, Jugendliche und Erwachsene Voraussetzungen mit auf den Weg geben, um am politischen Leben teilhaben zu können. Sie bedeutet nicht nur im engeren Sinne die Wissensvermittlung von politischen Strukturen und Inhalten, sondern auch der fächerübergreifende politische Bezug, wie z.B. Gedenkarbeit, um aus der Geschichte zu lernen. Außerdem umfasst politische Bildung auch gelebte Demokratie, wie Entscheidungsprozesse in der Klasse oder Jugendverband sowie Planspiele, um z.B. ein Gesetzgebungsverfahren nachzuahmen. Politische Bildung ist dabei nicht nur ein Unterrichtsinhalt in der Schule, sondern auch ein wichtiger Bestandteil außerschulischer Angebote, z.B. in Jugendverbänden, wo Demokratie nicht nur gelehrt, sondern vor allem gelebt wird. Indem junge Menschen im Jugendverband mitbestimmen dürfen und demokratische Prozesse erlernen und gestalten, sind sie ein wichtiger Akteur politischer Bildung. Die Erfahrungen im Jugendverband sind wichtige Instrumente, um auch an politischen Prozessen der Gesamtgesellschaft teilzuhaben und keine Scheu vor Diskursen zu haben. Im Jugendverband geht es aber nicht nur um Prozesse, sondern auch um Inhalte. Auf Basis demokratischer Rahmenbedingungen werden Themen diskutiert, die junge Menschen bewegen und in Politik und Gesellschaft getragen. Sie leisten so einen wichtigen Beitrag gegen antidemokratische Züge unserer Gesellschaft. Ihre Grundwerte Selbstorganisation, Selbstbestimmung und Partizipation unterscheiden dabei politische Bildung in Jugendverbänden von schulischer Bildung. Abseits von Lehrplänen und hierarchischer Strukturen, bestimmen im Jugendverbände junge Menschen selbst, welche Themen ihnen wichtig sind und leben Demokratie in geschützten Räumen.
BDKJ Diözesanverband Köln
Zwei Schlagworte, die die Kernaufgabe von politischer Bildung zusammenfassen:
Mündig sein heißt volljährig, voll geschäftsfähig und voll straffähig zu sein. Darüber hinaus hat "Mündigkeit" noch eine weitergehende Bedeutung. Gemeint ist damit auch Selbstbestimmung und Urteilsfähigkeit. Man spricht oftmals von "mündigen Bürgern" und meint damit, dass die Bürger und Bürgerinnen nicht nur für sich selbst Verantwortung übernehmen, sondern auch für ihren Staat und ihre Gesellschaft. (www.hanisauland.de)
Der Begriff Partizipation (lat., aus pars=Teil und capere=ergreifen, sich aneignen, nehmen) bedeutet Beteiligung, Teilhabe, Teilnahme, Mitwirkung, Mitbestimmung, Mitasprache, Einbeziehung usw.
Politische Partizipation ist allgemein die Teilhabe und Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an politischen Willensbilduns- und Entscheidungsprozessen. In der Pädagogik versteht man unter dem Begriff Partizipation die Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen bei allen das Zusammenleben betreffenden Ereignissen und Entscheidungsprozessen. So werden z.B. Hausaufgabenregeln in Kinder- und Jugendhilfeeinrichutngen gemeinsam ausgehandelt und Kinder bei einer Entscheidung über eine Fremdunterbringung einbezogen. Bei der Wahl von Entscheidungsträgern in der Jugendverbandsarbeit wird das Stimmrecht auch an unter 18jährige vergeben, um diese direkt am Entscheidungsprozess partizipieren zu lassen. Klassensprecher nehmen an den SV-Stunden teil und berichten den übrigen Klassenkameraden anschließend davon.
Die katholische Soziallehre sieht das Zusammenleben von Menschen in den vier grundlegenden Prinzipien von Personalität, Solidarität, Subsidiarität und Gemeinwohl geordnet.
Dahinter steht ein Verständnis der menschlichen Person, die sein letztes Ziel und seine letzte Erfüllung in der vorbehaltlosen Liebe zum Mitmenschen findet. Jeder Mensch ist von seinem Wesen her, als Ebenbild Gottes, zutiefst liebenswürdig und lebenswürdig und genau darin ist seine unantastbare Würde begründet.
Bereits Augustinus legt in seinem Buch „Vom Gottesstaat“ aus: der erste und grundlegende Zweck und Ziel des Staates ist die Gerechtigkeit gegenüber jeder menschlichen Person, insbesondere für die Schwächeren. Die erste aller Gerechtigkeiten ist das unbedingte und uneingeschränkte Lebensrecht, das allen anderen Rechten, auch dem Recht auf Selbstbestimmung und Information, vorausgeht und durch den kein anderes Recht ersetzt werden kann und darf.
Diese Begründung aus der christlichen Soziallehre von Msgr. Prof. Dr. Peter Schallenberg, Moraltheologie und Ethik an der Theologischen Fakultät Paderborn und Direktor der Katholischen Sozialwissenschaftlichen Zentralstelle in Mönchengladbach, haben wir der Kirchenzeitung des Erzbistums Köln entnommen (Ausgaben 3/19 und 7/19)
Die Prinzipien der christlichen Gesellschaftslehre greift übrigens auch das Pastorale Rahmenkonzept für die kirchliche Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit auf. Auf ihrer Grundlage werden vier Optionen formuliert, das heißt, den darain benannten Anliegen wird ein Vorrang gegeben vor anderen möglichen und Tätigkeiten:
Das 21. Jahrhundert bringt große Veränderungen in der Arbeitswelt und dem gesellschaftlichen Zusammenleben mit sich. Zu den aktuellen Herausforderungen auch für die Jugendpastoral gehören sicherlich diese Fragen, zu denen es gilt, Antworten zu finden und Entscheidungen zu treffen: